Freie Software und das Militär

Ich lese oft und gern Fefes Blog, weil es einem eine Vielzahl von Nachrichten in aggregierter Form mit Links auf die Quellen zur Verfügung stellt, ohne daß man tonnenweise Reklame und Schlimmeres über sich ergehen lassen muß, aber eine Sache stößt mir schon lange auf: Bei jeder Gelegenheit fordert Fefe, daß die GPL um eine Klausel zum Ausschluß militärischer Anwendungen erweitert werden müsse.

Davon halte ich überhaupt nichts, und dem ist meiner Meinung nach ntschieden entgegenzutreten.

Begründung:

Zum Einen würde dadurch die Softwarelandschaft lizenztechnisch weiter zersplittert, und zwar in einer Art und Weise, die uns in die Zeit vor die Entwicklung der GPL zurückwerfen würde. Wenn die GPL nämlich um diese Forderung erweitert würde, käme der nächste Entwickler an und würde die Verwendung im Bereich Gentechnik, der Kirche, durch Autofahrer, Veganer, Farbige, oder wie auch immer einschränken wollen, und kaum eine Software wäre noch mit irgendeiner anderen Software kompatibel. Diese Art von Lizenzwirrwarr war vor der GPL üblich.

Wir haben ja jetzt schon Schwierigkeiten mit OpenSSL, jQuery und sicher noch einer Reihe weiterer Softwarepaketen, die Lizenzfragen aufwerfen bzw. eine Sonderbehandlung erfordern.

Dabei gibt es natürlich massive Abgrenzungsprobleme: Benötigt eine Fräse in einer Munitionsfabrik jetzt eine nicht-Fefe-GPLte Software, oder wäre ein derartiger Einsatz noch von einer derartig geänderten "GPL" gedeckt? Was ist mit Nähmaschinen für Schutzwesten? Für Uniformen? Was wäre, wenn die Bundeswehr die Software im Rahmen einer weiteren Flutkatastrophe zu Zivilschutzzwecken einsetzen will, oder wenn Widerstandskämpfer in Nordkorea (gibt es die überhaupt?) diese Software benutzen wollen, um gegen ihre Regierung vorzugehen? Was, wenn diese Widerstandskämpfer gerade gegen ein im Verhältnis deutlich liberaleres Regime vorgehen, wie etwa gerade im Nahen Osten, oder schon früher in Lateinamerika? Ich benutze hier in beiden Fällen das Wort "Widerstandskämpfer", um die politische Wertung aus der Frage herauszunehmen und die Diskussion auf die juristische Mechanik, so, wie sie sich mir als juristischen Laien darstellt, zu konzentrieren.

Dazu kommt, daß diese generelle Änderung unnötig ist, denn schon heute kann jeder seine Software nach der Art "GPL plus folgende Einschränkungen/Erweiterungen" lizensieren. Ein populäres Beispiel dafür ist die "OpenSSL-Ausnahme" oder die "Classpath-Ausnahme" (Wikipedia zum Thema).

Des Weiteren geht er von der Annahme aus, daß das Militär sich an eine derartige Lizenz halten müsse. Dagegen spricht jedoch alle Erfahrung im Hinblick auf staatliches Verhalten, speziell dann, wenn irgendwie der Themenkreis "nationale Sicherheit" berührt wird. Meiner Meinung nach ist davon auszugehen, daß alles, was diesen Leuten als genügend praktisch erscheint, im Zweifel ganz einfach requiriert wird, und daß sich kein Richter dagegenstellen wird.

Und zu guter Letzt sollte man auch den Aspekt der Selbstverteidigung nicht aus den Augen verlieren, denn nicht nur Fefe kann "militärische Anwendungen" definieren, die Staatsmacht kann das auch, wie wir schon bei der Auseinandersetzung um Verschlüsselung, und besonders um PGP/GnuPG, gesehen haben. Eine solche Fefe-Lizenz müßte demzufolge Klauseln beinhalten, die derartigen Versuchen einen Riegel vorschieben.

Aus meiner Sicht ist klar, daß die Staatsmacht und Unternehmen aus ihrem Dunstkreis die notwendige Erlaubnis quasi selbst ausstellen können, während etwaige nichtstaatliche Akteure wahrscheinlich keinen legalen Ersatz etwa in Form von QNX, finden können. Dabei sollte man bedenken, daß diese Konstellation, daß sich Bürger meinen, nur noch mit Waffengewalt gegen autoritäre Regierungen oder sonstige Angreifer zur Wehr setzen zu können, schon lange und in vielen Teilen der Welt, derzeit besonders deutlich etwa im Nahen Osten zu sehen, gegeben ist.

Dazu kommt, daß man etwaige Lizenzverletzer nur in extremen Ausnahmefällen verklagen können dürfte, wenn man denn der Lizenzverletzung gewahr würde, denn im Zweifel haben diese Personen(kreise) einfach mehr legale und physische Feuerkraft als der geneigte Softwareschmied.

Meiner Meinung nach sollte Fefe hier, wie bei anderen Themen auch, mit mehr Ratio und weniger Bauchgefühl an das Thema herangehen. Dann müßte er entweder seine Forderung fallenlassen oder zumindest erklären, warum nur militärische Anwendungen ausgeschlossen sein sollen - denn andere Anwendungen töten Menschen genausogut, nur nicht unbedingt genauso offensichtlich und spektakulär. Und er müßte meiner Meinung nach als politischer Mensch erklären, wieso sich diese Veränderungen in der Lizenzlandschaft gesellschaftlich positiv auswirken.

Links (Auswahl):

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